Samstag, 10. November 2007

Verwaltungsgericht Köln: Sportwettenmonopol ist europarechtswidrig

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Das Verwaltungsgericht Köln hat das staatliche Monopol für Sportwetten für europarechtswidrig erklärt und aus diesem Grund einem Sportwettenvermittler Vollstreckungsschutz gegen eine Untersagungsverfügung der Stadt Köln gewährt (Beschluss vom 7. November 2007, Az. 1 L 1538/07). Der von der Rechtsanwaltskanzlei ARENDTS ANWÄLTE (www.wettrecht.de) vertretene Vermittler kann daher weiterhin Verträge über Sportwetten an einen in der EU (hier Gibraltar) staatlich zugelassenen und dort laufend behördlich überwachten Buchmacher vermitteln. Das Gericht folgt damit den Verwaltungsgerichten Mainz und Arnsberg, die kürzlich ebenfalls Sportwettenvermittlern Vollstreckungsschutz gewährt hatten.

Das Verwaltungsgericht Köln verweist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Die strafrechtliche Sanktionierung der binnengrenzüberschreitenden Vermittlung von Sportwetten ist demnach unverhältnismäßig und damit rechtwidrig, wenn staatlich zugelassene national Einrichtungen zur Teilnahme an Sportwetten ermutigten. Dies sei in Deutschland der Fall.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfasse die Unverhältnismäßigkeit des staatlichen Wettmonopols auch den Ausschluss der Vermittlung privater Wetten. Durch den Hinweis der Bundesverfassungsgerichts auf die Parallelität der Anforderungen des Verfassungsrechts zu den europarechtlichen Vorgaben ergebe sich zwingend, dass das Sportwettenmonopol auch gegen die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit verstoße (Art. 43 und 49 EG-Vertrag).

Die rein tatsächlichen Änderungen der Sportwettenpraxis der staatlichen Wettunternehmen sei zur Beseitigung des Gemeinschaftrechtsverstoßes nicht ausreichend. Eine neue rechtliche Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols sei bislang nicht erfolgt. Die Frage einer Verwirklichung des Straftatbestandes des § 284 StGB (unerlaubtes Glücksspiel) könne sich erst dann stellen, wenn die Zulassung einer Veranstaltung von Sportwetten im Einklang mit den Grundsätzen des europäischen Gemeinschaftsrechts geregelt worden sei.

Der Anwendungsvorrang des europäischen Gemeinschaftsrechts gelte uneingeschränkt. Eine temporale Durchbrechung des Anwendungsvorrangs, d.h. die zeitweise Nichtanwendung des Europarechts (wie vom OVG NRW versucht), widerspreche der Rechtsprechung des EuGH. Auch gebe es – anders als vom OVG NRW angenommen – keine inakzeptable Gesetzeslücke. Eine Gefährdung wichtiger Allgemeininteressen sei nicht erkennbar. So habe die Spielsucht bei der jahrelangen Duldung privater Wettanbieter nicht in gefährlicher Weise zugenommen. Auch sei für das Gericht nicht erkennbar, dass der Verbraucherschutz bei privaten Wettanbietern nicht gewährleistet gewesen wäre.

aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 90

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