Donnerstag, 9. September 2010

Deutschland muss Glückspiel neu regeln

EuGH kippt staatliches Glücksspielmonopol in Deutschland

Das lang erwartete Urteil zum Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) ordnet die deutsche Glücksspiellandschaft neu und setzt die Politik unter Handlungszwang. Die Richter des europäischen Gerichtshofs (EuGH) entschieden, dass ein staatliches Glücksspielmonopol, wie es bisher in Deutschland angewandt wurde, zwar unter gewissen Bedingungen gerechtfertigt sei, diese Bedingungen in Deutschland jedoch nicht erfüllt sind.

Deutsches Glückspielmonopol nicht mit EU-Recht vereinbar
Die Bundesrepublik Deutschland hatte bisher das Glücksspielmonopol damit gerechtfertigt, dass nur so eine präventive Spielsuchtbekämpfung möglich sei. Ein staatliches Monopol steht jedoch diametral zur europäischen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit und bedürfe daher besonderer Rechtfertigung. Hierzu zähle auch die Spielsuchtbekämpfung. Bei genauerer Betrachtung stellten die Richter jedoch fest, dass die staatlichen Wettanbieter, wie Lotto und Oddset, zu viel Werbung schalten würde und dies der Begründung, nämlich der Spielsuchtbekämpfung, zu widerläuft.

Geteilte Reaktionen
Die Reaktionen des Urteils riefen unterschiedliche Kommentare hervor. Während die Landessportverbände bereits den Untergang des Breitensports ausrufen, da die Landeshaushalte ihre Sportverbände mit bis zu 80% aus den staatlichen Glücksspielumsätzen finanzieren, die jetzt drohen wegzubrechen, nahmen die privaten Sportwettenanbieter und der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) das Urteil positiv auf. „Gerade im Internet ist ein Verbot privater Anbieter nicht länger haltbar“ kommentierte BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer das Urteil. Ferner sei nicht ersichtlich warum Pferdewetten erlaubt und Spielautomaten aufgestellt werden dürften, sofern es vornämlich um die Spielsuchtbekämpfung geht.

Deutsche Gerichte sind nun gefordert
Die privaten Sportwettenanbieter, die sich bisher durch die Vermittlung von im Ausland sitzenden Angeboten in einer rechtlichen Grauzone aufhielten, erhoffen sich nun Rechtssicherheit. Auch der Profisport erhofft sich Mehreinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe, sofern der Markt geöffnet wird. Ob das so schnell kommen wird, hängt nun in erster Linien von den deutschen Gerichten ab, die die Rechtssachen an den EuGH weitegereicht hatten. Es obliegt nun ihnen, die vorliegenden Fälle im Einklang mit dem Urteilsspruch zu bewerten. Für die Politik heißt dies, dass der Glücksspielsstaatsvertrag neu geregelt werden muss.

Spielsuchtbekämpfung erfordert eine europäische Regelung
Stimmen aus dem Europaparlament fordern langfristig eine europäische Regelung. Länder wie Frankreich, Italien und Dänemark haben bereits entschieden ihre Märkte zu öffnen, während Deutschland bisher starr an dem Glücksspielmonopol festhielt. Doch auch für den Glücksspielmarkt sollten einheitliche europäische Regeln gelten. Nur dann können länderübergreifend auch Präventivmaßen zur Spielsuchbekämpfung ergriffen werden.

Stefano Biondi

http://www.european-circle.de/zukunftwissen/meldung/datum/2010/09/08/deutschland-muss-glueckspielmarkt-neu-regeln.html

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