Die Rechtsanwaltskanzlei ARENDTS ANWÄLTE hat beim OLG Köln beantragt, im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens entsprechend Art. 234 EG-Vertrages dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen vorzulegen:
• Ist es mit den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags (Art. 81 ff EG) vereinbar, dass ein öffentliches Unternehmen im Sinne des Art. 86 EG, ein in einem Teilgebiet des Empfangsstaates (hier dem Land Nordrhein-Westfalen) mit einem (faktischen) Monopol ausgestattetes staatliches Sportwetten- und Glücksspielunternehmen, in anderen EU-Mitgliedstaaten staatlich zugelassene und dort laufend überwachte Sportwetten- und Glücksspielunternehmen, die ihre Dienstleistungen über das Internet binnengrenzüberschreitend auch in dem Empfangsstaat anbietet, mittels einer Klagewelle und unter Berufung auf das Wettbewerbsrecht von dem nationalen Markt des Empfangsstaates fernhält, während Monopolunternehmen des Empfangsstaates selber diese Dienstleistungen binnengrenzüberschreitend in einem anderen EU-Mitgliedstaat anbieten?
• Ist es mit den Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrages (Artt. 81 ff EG) vereinbar, dass ein Mitgliedstaat (wie Deutschland) seinen Markt für Glücksspiele und Sportwetten abschottet, indem nur inländische staatliche bzw. staatsnahe Anbieter zugelassen werden und behördlich zugelassene Buchmacher und Glücksspielanbieter aus anderen Mitgliedstaaten mittels strafbewehrter Verbote (wie in Deutschland die §§ 284 ff. StGB), Strafandrohungen für Kunden aus dem Empfangsstaat (wie in Deutschland § 285 StGB) und behördlicher Maßnahmen (Allgemeinverfügungen, Untersagungsverfügungen von Ordnungsbehörden etc.) an dem binnengrenzüberschreitenden Anbot gehindert werden, während Monopolunternehmen des Empfangsstaates selber diese Dienstleistungen binnengrenzüberschreitend in einem anderen EU-Mitgliedstaat anbieten?
• Ist es mit den Artt. 43 und 49 EG, den Artt. 56 ff. EG über die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit und den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrages (Artt. 81 ff. EG) vereinbar, wenn nationale Regelungen und die nationale Behördenpraxis ein staatliches Monopol für das Anbieten von Glückspielen und Sportwetten begründen und aufrecht erhalten, wenn die staatlichen Lotteriegesellschaften zugleich Glücksspiele und Sportwetten in erheblichem Maße be-werben, aggressiv vermarkten und die Bevölkerung zum Spielen animieren und es privaten Anbietern aus anderen Mitgliedstaaten unter Strafandrohung verboten ist, binnengrenzüberschreitend Glücksspiele und Sportwetten in diesem Land anzubieten und Einzahlungen von Kunden aus dem Empfangsstaat hierfür entgegen zu nehmen, obwohl sie über eine staatliche Genehmigung nach dem Recht ihres Herkunftsstaates verfügen und dort laufend aufsichtsrechtlich überwacht werden?
• Sind die Art. 49 ff. EG über den freien Dienstleistungsverkehr, die Artt. 43, 48 EG über die Niederlassungsfreiheit und die Artt. 56 ff. EG über die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht wegen einer angeblichen Gesetzeslücke und unter Berufung auf das „Prinzip der Rechtssicherheit“ die durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten (insbesondere die Niederlassungsfreiheit, Artt. 43, 48 und die Dienstleistungsfreiheit, Artt. 49 ff EG) suspendieren und den Vorrang des Gemeinschaftsrechts außer Acht lassen kann (so wie es etwa das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 28. Juni 2006 zu Az. 4 B 961/06 ausdrücklich getan hat), während Monopolunternehmen dieses EU-Mitgliedstaates selber diese Dienstleistungen unter Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit binnengrenzüberschreitend in einem anderen EU-Mitgliedstaat anbieten?
• Sind die Artt. 49 ff. EG über die Dienstleistungsfreiheit dahin auszulegen, dass ihnen eine mitgliedstaatliche Regelung (wie die deutsche in §§ 284 ff. des deutschen StGB), die Geld- oder Freiheitsstrafen für das öffentliche Veranstalten von Glücksspielen und Sportwetten „ohne behördliche Erlaubnis“ sowie die Werbung für ein öffentliches Glücksspiel vorsieht, dann entgegen steht, wenn in diesem Mitgliedsstaat Glücksspiele und Sportwetten im großen Umfang von staatlichen Anbietern veranstaltet und massiv beworben werden, um so neue Kundenschichten zu erschließen, und es keine gesetzlich geregelte, in sich kohärente und konsistente Glücksspielpolitik gibt, ohne das private Anbieter aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zugelassen werden, und diese unter Strafe gestellten Tätigkeiten binnengrenzüberschreitend (via Internet bzw. über online verbundene Wettannahmestellen) von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Sportwetten- und Glücksspielunternehmen angeboten werden, das dort eine entsprechende behördliche Erlaubnis hat, dort laufend behördlich überwacht wird und das dort seine gewerbliche Tätigkeit legal entsprechend den Regelungen seines Herkunftslandes ausüben darf?
• Sind die Artt. 49 ff. EG über die Dienstleistungsfreiheit dahin auszulegen, dass ihnen eine mitgliedstaatliche Regelung (wie in Deutschland § 285 des deutschen StGB), die Geld- oder Freiheitsstrafen für die Teilnahme an Glücksspielen und Sportwetten „ohne behördliche Erlaubnis“ vorsieht, dann entgegen steht, wenn in dem Empfangsstaat Glücksspiele und Sportwetten im großen Umfang von staatlichen Anbietern und mit einem Monopol ausgestatteten Privatunternehmen (hier Lotto Rheinland-Pfalz GmbH) veranstaltet und beworben werden, und die unter Strafe gestellten Teilnahme binnengrenzüberschreitend über das Internet mit in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Sportwetten- und Glücksspielunternehmen erfolgt, das dort eine entsprechende behördliche Erlaubnis hat, dort laufend behördlich überwacht wird und das dort seine gewerbliche Tätigkeit legal entsprechend den Regelungen seines Herkunftslandes ausüben darf?
• Ist es mit dem im EG-Vertrag festgelegten Diskriminierungsverbot vereinbar, dass ein Mitgliedstaat (wie Deutschland) nur inländische staatliche und private Anbieter von Sportwetten und Glückspielen zulässt und es Anbietern von anderen Mitgliedstaaten, die über eine Erlaubnis zum Veranstalten von Sportwetten bzw. Glückspielen dieses Mitgliedstaates verfügen und dort laufend behördlich überwacht werden, mit Hilfe eines strafbewehrten Verbots untersagt, ihre Dienstleistungen auch in diesem Mitgliedstaat anzubieten und zu bewerben sowie Zahlungen hierfür entgegen zu nehmen, während Monopolunternehmen diese Mitgliedstaates selber diese Dienstleistungen binnengrenzüberschreitend in einem anderen EU-Mitgliedstaat anbieten?
• Ist es mit den Artt. 43 und 49 EG und den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrages vereinbar, wenn nationale Regelungen und die nationale Behördenpraxis ein staatliches Monopol für das Anbieten von Glückspielen und Sportwetten begründen und aufrecht erhalten, wenn keinerlei aussagekräftige Untersuchungen zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit des Monopols im Hinblick auf die Rechtfertigungsgründe für das staatliche Monopol vorgenommen wurden (insbesondere zum tatsächlich bestehenden Gefährdungspotential im Hinblick auf den von Deutschland angeführten Rechtfertigungsgrund der Bekämpfung der Suchtgefahr)? Welche gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bestehen für die Art solcher Untersuchungen?
• Ist es mit dem Kohärenz- und Konsistenzgebot der bisherigen einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vereinbar, dass in einem Teilgebiet des Empfangsstaates (hier das Land Rheinland-Pfalz) ein privates Unternehmen ohne Ausschreibung ein Monopol erhält, während der Empfangsstaat ansonsten ein staatliches Monopol, d.h. ein Angebot durch ein staatliches Unternehmen, für zwingend erforderlich hält? Ist es entsprechend kohärent und konsistent, wenn Spiele mit gleichem oder höherem Suchtgefährdungspotential, wie etwa Spielbanken, Pferderennen und Automatenspiele, von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht werden dürfen, während für Sportwetten ein staatliches Monopol zwingend für erforderlich gehalten wird?
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